Hühnerfreilandhaltung Spreitzer

Wenn Matthias Spreitzer sein Land am Rand von Wustweiler in der Gemeinde Illingen bestellen oder sich um seine Freilandhühner kümmern will, setzt er sich ins Auto und fährt die Straße hoch zu seinen Ländereien. Dort bietet sich vorbeikommenden Spaziergängern ein kurioser Anblick: Auf den Anhöhen stehen vier Hühnerställe auf Rädern. Es sind mobile Ställe, mit denen der Landwirt durch unkonventionelle Hühnerhaltung ein Zeichen gegen leidende Tiere in der Massenhaltung und für Nachhaltigkeit setzt.

Seit seinem 13. Lebensjahr baut der gelernte Garten- und Landschaftsbauer Kartoffeln an. Vor wenigen Jahren erst hat er seinen Betrieb ins Leben gerufen. Woher die Idee kam? Schon wenn man ihn als Kind gefragt hat, was er denn mal werden wolle, erhielt man die Antwort „Ich will Bauer genn!“ Das wollte er laut eigener Aussage irgendwie schon immer, was eher ungewöhnlich erscheint, wenn man nicht in einen landwirtschaftlichen Betrieb hineingeboren wird. So gut wie jeder weiß, wie viel Aufwand mit der Verantwortung für einen Landwirtschaftsbetrieb verbunden ist. Ein Arbeitstag kann auch mal abseits der dunklen Wintermonate von Sonnenauf- bis -untergang dauern. Wenn dann auch noch die Selbstvermarktung hinzukommt, wird es um einiges zeit- und arbeitsintensiver. Glücklicherweise findet sich mit seinen Eltern und unter seinen Freunden immer eine helfende Hand, um auch die besonders anstrengenden Phasen, beispielsweise die Ernten, zu stemmen.

Spezialisiert ist der Wustweiler Familienbetrieb auf die Hühnerwirtschaft. 2014 erwarb Matthias das erste Hühnermobil im gesamten Landkreis. Weitere folgten jeweils in den Jahren 2015, 2016 und 2018. Die mobilen Hühnerställe werden von auf dem Dach angebrachten Solarzellen gespeist und bieten den Hennen alles, was sie brauchen. Sie finden darin Schlafplätze, eine Wassertränke und Nester zum Legen. Im unteren „Stockwerk“ befindet sich ein Raum, in dem sie nach Lust und Laune scharren können. Da Hühner zum Eierlegen ungefähr 14 Stunden Licht benötigen, gehen um fünf Uhr morgens die Lampen an, um neun Uhr abends ist dann Zapfenstreich. Licht aus, Türen zu. Alle vier Wochen ziehen die Mobile einige Meter weiter und ein neues Freigehege wird abgesteckt. So kommen die Hühner regelmäßig an neues Grünfutter.

Zusätzlich zu der Arbeit mit den Hühnern bestellt Matthias zwölf Hektar Land. Das ist vergleichsweise relativ wenig, soll aber in Zukunft mehr werden, denn der Betrieb soll wachsen. Der Kartoffelanbau nimmt dabei mittlerweile gut fünf Hektar in Anspruch. Ein naturnaher und nachhaltiger Anbau steht dabei für Herrn Spreitzer klar im Vordergrund: ohne Einsatz von Glyphosat, ohne Einsatz von Schwermetallen und ohne Einsatz von anderen bienengefährlichen Mitteln. Angebaut wird neben den Kartoffeln auch reichlich Futter für die Hühner: Weizen, Triticale (ein Hybrid aus Roggen und Weizen) und eiweißreiche Futtererbsen. Ergänzend werden Mais und Soja zugekauft. Natürlich gentechnikfrei. Neben den Ländereien gehören zwei Schuppen, zwei Traktoren, ein Mähdrescher und andere diverse Maschinen zum Betrieb.

Im Mittelpunkt stehen aber die vielen Hühner, die die Ställe bevölkern. Etwa 1900 Hühner wohnen auf den Wustweiler Ländereien, wenn alle Hühnermobile besetzt sind. Der erste Eindruck, den die Hühner vermitteln, ist, dass sie höchst zufrieden sind. Fröhlich picken und scharren die Lohmann Browns – Hybrid-Legehennen – vor sich hin und bewegen sich frei zwischen ihrem großzügig abgesteckten Freigehege und dem Hühnermobil. Zufrieden können sie auch sein, denn ihr Bauer sorgt nicht nur für ausreichend Auslauf, sondern auch für ordentliche Futterportionen. Da kommt pro Stall und Monat mal gut und gerne eine Tonne Futter zusammen!

Erst als Jungtiere kommen die Hennen in den Betrieb. Die Aufzucht wäre beispielsweise wegen der Impfungen zu teuer. Unter ihnen befinden sich auch Hähne, die unter anderem benötigt werden, um ihren Hühnerharem bei Laune zu halten. Laut Matthias seien die Hennen in männlicher Gesellschaft einfach viel ruhiger. Ohne seien sie „ne richtige Katastrophe“ und man bekäme sie gar nicht mehr in den Griff. Mitten in der Natur legen sie so gelassen und in Ruhe ihre Eier, die täglich eingesammelt werden und direkt in den Verkauf gehen. Pro Tag liegt die Ausbeute bei insgesamt ungefähr zwischen 1200 und 1400 Stück. Mit etwa 15 bis 16 Monaten kommt dann ein ganzer Stall als Suppenhühner in die Schlachtung auf den Wendelinushof im benachbarten Landkreis St. Wendel. Dann muss erst mal der komplette Stall von Hand ausgewaschen und desinfiziert werden, bevor eine neue Population an Junghennen einziehen kann. Zum Herdenschutz vor Fuchs und Bussard, vervollständigen übrigens seit April 2020 zwei Lamas und drei Alpakas die tierische Runde.

Neben den täglich eingesammelten Eiern, die unter anderem auch der Herstellung von Frischeinudeln dienen, werden von Früh- bis Einkellerungskartoffeln zahlreiche Sorten vertrieben. Auch wenn die Ernte grundsätzlich maschinell erfolgt, müssen während der Erntephasen tonnenweise Kartoffeln von Hand bearbeitet und verpackt werden. In der „Eierbox“, der Hütte vor dem Haus der Spreitzers, kann man die Produkte direkt erwerben. Ihr Transportweg geht dabei gegen null. Saisonal bekommt der Kunde außerdem diverse Salate und Gemüsesorten aus eigenem Anbau.

Die Saisonabhängigkeit ist übrigens ein Punkt, für welchen der Verbraucher erst wieder ein Gefühl entwickeln muss. Matthias wünscht sich, dass die Leute in der Zeit ständiger Verfügbarkeit umdenken und mehr Verständnis dafür haben, dass es normalerweise nicht immer alles gibt. Außerdem benötige Qualität viel Arbeit, Einsatz und Hingabe und diese Kriterien sollten geschätzt werden. Das ist auch der Tenor auf den anderen landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Neunkirchen. Neben dem Wunsch nach einem Umdenken ist aber vor allem die Begeisterung für die tägliche Arbeit das, was den jungen Bauer antreibt. Lebensmittel wachsen zu sehen, zu produzieren und zu wissen, dass die Produkte in der Gegend auf den Tisch kommen, das treibt ihn an – vor allem wenn der Landwirt sieht, dass es tägliche Produkte sind, die funktionieren und von denen die Menschen begeistert sind. Toll wäre es, wenn Matthias durch die Regionalmarke Neunkirchen die Produktabnahme steigern und somit noch mehr seiner regionalen und hochqualitativen Produkte unter die Leute bringen könnte.

Und wo wir schon bei Qualität sind, zum Abschluss noch ein Fakt zu schwer zu pellenden gekochten Eiern: Was uns nervt, sollte uns eigentlich freuen, denn je schwieriger die Schale sich ablösen lässt, desto frischer ist das Ei!

Impressionen:

Hühnerfreilandhaltung Spreitzer
Zum Storckelborn 8
66557 Wustweiler

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