Das Saarland ist Teilgebiet einer der beiden großen Wildkatzen-Populationen Deutschlands und diese spielen innerhalb der Gesamtbestände der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris silvestris) eine herausragende Rolle: Sie gehören zu den genetisch „unverfälschten“, die sich noch kaum mit der Hauskatze vermischt haben. Ab April nun kommen wieder die Jungtiere auf die Welt.
Sie schleichen auf leisen Pfoten durch die Wälder, halten sich fern von allem, was menschlich aussieht und suchen das Weite, sobald sich ein Spaziergänger nähert. Doch auch wenn kaum einer von uns sie je zu Gesicht bekommt, leben sie trotzdem mitten unter uns: die Europäischen Wildkatzen. Dabei ist die Population, die sich über das Saarland sowie Teilflächen von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Belgien, Luxemburg und Frankreich erstreckt eine von nur noch zwei großen auf (teilweise) deutschem Boden. Gleichzeitig kommt den Wildkatzen Deutschlands europaweit besondere Bedeutung zu, weil Kreuzungen mit der Hauskatze hier mit weniger als vier Prozent sehr gering sind. Zurückgeführt wird dies auf die Gewohnheiten der Tiere: Hauskatzen bewegen sich im Umkreis von Siedlungen, Wildkatzen im möglichst ungestörten Wald. In waldärmeren Gebieten Europas ist die Vermischung deshalb stärker, so sind die Arten etwa in Schottland oder Ungarn teilweise genetisch kaum mehr unterscheidbar.
Unsere Hauskatze – egal wie wild – hat nämlich mit der hiesigen Wildkatze nicht viel zu tun: Sie stammt von der Falbkatze ab, die in Nordafrika, auf der Arabischen Halbinsel und in dem sich anschließenden Gebiet bis zum Kaspischen Meer lebt. Die domestizierte Form gelangte schon in der Antike mit den Römern zu uns. Hätten die Kelten und Germanen versucht, ihre eigene Hauskatze zu züchten, sie hätten wenig Erfolg gehabt: Die Europäische Wildkatze gilt als unzähmbar. Selbst in Gefangenschaft geboren, lässt sie sich ein Leben lang nicht vom Menschen berühren.
Dass man heute sehr viel mehr über die deutschen Wildkatzen weiß als noch vor einigen Jahren, ist vor allem dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu verdanken. Dieser startete 2011 das Projekt „Wildkatzensprung“ (im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums) und baut seither in zehn Bundesländern eine Art Wildkatzen-Kataster auf. Hierzu werden an zahlreichen Orten Lockstöcke – mit Baldrian besprühte, aufgeraute Holzpfosten – gesetzt. Reiben sich Tiere daran, bleiben Fellhaare hängen und können genetisch untersucht werden. Inzwischen wurden rund 902 Wildkatzen identifiziert, davon 86 „saarländische“.
Der BUND Saar ist sehr engagiert dabei, beim Wildkatzensprung. Das Unternehmen Öko-Log Freilandforschung hatte die Tiere bereits im Nordsaarland sowie im Bliesgau, im Warndt und im Bereich Hemmersdorf/ Siersburg nachgewiesen. Der BUND hat sie nun auch verstärkt im Nordwest-Saarland sowie im Bereich zwischen Saarbrücken, Blieskastel und Saargemünd dokumentiert. Zurzeit sammelt man im Bereich des Saarkohlewaldes, zwischen Fischbach, Holz, Quierschied und Göttelborn Proben. „Es ist zu erwarten, dass die Wildkatze außerhalb der besiedelten Gebiete nahezu überall im Saarland vorkommt“, sagt Projektleiter Dr. Martin Lillig.
Das Fell der Wildkatze hat immer einen Grundton zwischen Cremegelb bis Graubraun und ist verwaschen getigert. Dabei hat sie einen hellen Kehlfleck und Bauch. Sie wirkt groß und massig, was jedoch vor allem auf ein dichtes und langes Fell zurückzuführen ist, und hat einen relativ wuchtigen Kopf mit breitem Schnauzenteil. Die Nase ist fleischfarben, der Schwanz buschig, dunkel geringelt und stumpf endend. Diese Merkmale können jedoch auch bei Hauskatzen vorkommen. Wie Lillig erklärt, gibt es nur ein optisches Indiz, das die Wildkatze in der Regel zuverlässig vom Stubentiger unterscheidet: „Die dunklen Ringe am Schwanz sind durch den Aalstrich nicht miteinander verbunden.“ Dieser Strich bezeichnet eine dunklere Linie über der Wirbelsäule im Fell von Säugetieren.
Das Verhalten der Wildkatze ist generell vorsichtiger als das der Hauskatze: nur kurzzeitig, etwa zur Jagd wagt sie sich in freieres Gelände. Und gejagt wird nur, wenn es notwendig wie auch erfolgversprechend ist: „Die Wildkatze muss mit ihrer Energie wirtschaften“, erklärt Lillig. Gesunde Vögel etwa seien deshalb uninteressant. Die Wildkatze verspeist zu 80 Prozent Kleinsäugetiere wie Wühlmäuse und Ratten, ansonsten Eichhörnchen, Eidechsen, Fische, Frösche und Insekten, in Notzeiten auch Aas und pflanzliche Kost. Da Wildkatzen ortsgebundene Einzelgänger sind, hat jede ihr Revier – nur zur Paarungszeit werden Vertreter des anderen Geschlechts geduldet. In den nächsten Wochen nun tollen wieder Wildkatzenkinder durch unsere Wälder, denn die Jungen kommen in der Regel im April zur Welt. Wer (vermutlich) hilfsbedürftige Katzenkinder findet, sollte sie nicht aufheben, sondern den BUND oder die Wildtierauffangstation Eppelborn kontaktieren.
BUND Saar:
(06 81) 81 37 00 oder 81 37 01
Wildtier-Auffang-Station Eppelborn:
(06 81) 9 71 28 39 oder (01 60) 98 94 98 66
Dieser Artikel wurde uns von » Sonah zur Verfügung gestellt.