Von offenem Feuer und Tunk-Mulden im Tisch

Gudd Stubb, Harscht, Powei, Wissbaam, Geister – das Bauernhaus Habach stammt aus einer Zeit, die uns heute völlig fremd geworden ist und das, obwohl sie noch keine 200 Jahre zurückliegt. Diese andere Welt wird hier noch einmal lebendig.

Romantisch und ein bisschen verwunschen wirkt das Bauernhaus Habach – wie es so stumm da steht, teilweise verborgen hinter Efeuranken und Kletterrosen. Man hat das Gefühl, es könnte Tausend Geschichten erzählen und genauso ist es auch. Das fängt schon an, bevor man es betritt: Wer glaubt, er habe seine Füße einfach nur auf einem Kopfsteinpflaster platziert, der irrt! Er steht… auf der Powei! Und diese sollte einem durchaus einen Moment der Würdigung abringen. Denn wer früher einen eigenen Wagen hatte – schon vor der Zeit der Motoren ein Statussymbol – der konnte diesen auf seiner Powei abstellen. Und wer sogar zwei oder mehr Wagen hatte, der brauchte natürlich eine besonders große Powei. Diese Fläche stand also in direktem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und somit auch gesellschaftlichen Bedeutung einer Familie. In diesem Fall waren es die Rodenbuschs: Ein Nikolaus Rodenbusch ließ das Haus 1847 in dem heutigen Eppelborner Ortsteil Habach errichten. Es handelt sich um ein Südwestdeutsches Bauernhaus mit Elementen eines Lothringer Bauernhauses.

Von der Powei aus fuhr man den Wagen in die Scheune in der linken Haushälfte. Dass das Scheunentor eine rechteckige Form hat, ist Zeichen eines technischen Fortschritts, der im 19. Jahrhundert in den Dörfern unserer Region Einzug hielt: Dank neuen, stabileren Wagen konnte man Heu und Korn höher schichten. Dabei zurrte man die Ladung nicht mehr wie zuvor mit darüber gespannten Strohseilen fest, sondern legte eine lange Fichtenholzstange mittig darüber. Diese, genannt Wissbaam (Wiesenbaum), wurde vorn am Wagen in die Heuleiter gesteckt und hinten mit einem Seil befestigt. Während die Ladung durch die alte Befestigung in eine runde Form gedrückt wurde, nahm sie durch die neue eine rechteckige an (siehe Abbildung). Die Einfahrt musste dieser Form folgen, wollte man den Wagen möglichst hoch beladen können.

Aufgerollte Wand-Deko

Betritt man an der Fassade den Eingangsflur, fühlt man sich direkt in eine andere Welt hineinversetzt: Alles ist ein bisschen enger und unebener als wir es heute gewohnt sind. Dabei wirkt das Haus so, als sei es bewohnt und dieser Eindruck ist gewollt: Die Gemeinde Eppelborn hat das Bauernhaus 1990 erworben und gemäß den strengen Richtlinien des Denkmalschutzes renoviert, um hier bäuerliches Leben, vor allem in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, zu demonstrieren.

Besonders interessant sind in der Gudd Stubb die Wände: Das florale Muster gehört nicht etwa zu einer Tapete, sondern wurde bei der Restaurierung nach alter Technik mit einer Gummirolle direkt auf den Putz aufgerollt. Tapeten – einst aus Leder oder Textil – waren lange Zeit sehr teuer und hätten zudem auf den stets klammen Wänden einfacher Häuser nicht gehalten. Erst um 1900 kamen in den Dörfern langsam Tapeten auf sowie guter Leim, der der Feuchtigkeit standhielt.

Für den akkuraten Strich, der die Bordüre vom unteren Muster trennt, gab es einen Trick: Der Malermeister und ein Gehilfe stiegen zu beiden Seiten der Wand auf eine Leiter und hielten dabei eine in Rötel oder Ruß gewendete Schnur in der Hand. Oben angekommen spannten sie diese und hielten sie an die Wand. Es oblag nun dem Meister, die Schnur einmal kurz schnippen zu lassen, wodurch sie an der Wand einen Strich hinterließ.

Kochen und Konservieren

„Eigner Herd ist Goldes wert“ verkündet in der Küche ein besticktes Tuch über einem ausgesprochen reich verzierten, sehr teuren Exemplar. Solche Herde ersetzten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts den Harscht, die offene Feuerstelle, die es ursprünglich auch hier im Haus noch gab. Im „Schüsselbrett“ (dem Regal daneben) wurden stolz, mit den Innenseiten nach vorne, die Teller präsentiert. Denn auch Porzellangeschirr bedeutete Prestige. Durch zwei Porzellanfabriken in unserer Region verbreitete es sich hier relativ früh in der einfachen Bevölkerung, davor jedoch hatte diese aus Tunk-Mulden in den Holztischen gegessen – Grütze, das Alltagsgericht.

Im unterirdischen Gewölbekeller wurden einst Kartoffeln und Runkelrüben gelagert. Heute sieht man hier noch den eingemauerten Backofen, eine Milchzentrifuge und weitere Gerätschaften. Eingemachtes Obst, wie es hier gezeigt wird, kam übrigens erst im 19. Jahrhundert auf. Vorher konnte nur mit Salz, Essig oder durch Trocknen konserviert werden. Ein Dank für die Infos: Gunter Altenkirch, Emil Brill, Kulturamt und Stiftung Kulturgut der Gemeinde.


Dieser Artikel wurde uns von » Sonah zur Verfügung gestellt.