Wer außerhalb unserer Region über einen „Plagge“ schimpft oder nach Möglichkeiten fragt, „uff die Schnerr“ zu gehen, der wird nur in ratlose Gesichter schauen – es gibt eben Wörter, die gibt es nur bei uns. Doch auch hierzulande werden solche sprachlichen Besonderheiten immer seltener verwendet und längst nicht mehr überall verstanden. Höchste Zeit also, sie aufzugreifen – und einmal zu fragen, wie sie eigentlich entstanden sind und was dahintersteckt.
Er ist unbeliebt, gefürchtet und doch für so manchen (vor allem Kaffeeliebhaber kennen es) ein ständiger Begleiter: der Plagge. Der Saarländisch-Muttersprachler weiß, es handelt sich um einen Fleck, doch woher stammt der Begriff?
Wir haben ihn von unseren französischen Nachbarn übernommen, von deren Wort „plaque“. Dieses bezeichnet etwas Aufgetragenes/ Aufgesetztes oder sich irgendwie Abzeichnendes/ Abhebendes: eine Herdplatte, ein Schild, eine Plakette oder einen Hautfleck beispielsweise. Das entsprechende Verb „plaquer“ bedeutet etwa belegen, schichten oder anschlagen.
Ähnlich vielfältig ist der Plagge in der Mundart – einst wurden unter anderem auch Flickstücke auf der Kleidung, ein kleiner Lappen oder Kahlstellen im Acker als Plagge bezeichnet. Und wenn zwei miteinander rauften, kam es vor, dass einer den anderen auf den Boden geplaggt hat und dieser dann blaue Plagge davontrug.
Ein Auto, ein nicht einwandfrei konstruiertes Regal, eine ältere Person – schoggelisch sein oder schoggele kann vieles. Und selbstverständlich kann man auch andere schoggele: e Bobbelsche zum Beispiel. Doch woher kommt der Begriff schoggele/schoggelisch überhaupt? Er geht zurück auf „schogge“, das seine veraltete hochdeutsche Entsprechung in „schocken“ findet. Mit Schockieren hat dies jedoch nichts zu tun, laut Grimms Deutschem Wörterbuch ist das Verb je nach Zusammenhang als stoßen, schütteln, schaukeln oder schwanken zu verstehen. Übrigens wurde früher auch eine einfache Kinderschaukel, wie sie heute noch recht verbreitet ist, Schocke genannt: Sie hat zwei A-förmige Seitenteile und einen oberen Querbalken, an dem an zwei Seilen ein Schaukelbrett hängt.
Und wer sich gelegentlich über sein schoggelisches Auto ärgert, dem mag ein altes Sprichwort Mut machen: „Schoggelische Wään fahre omm längschde!“
Märkte, Dorf- und Stadtfeste und einfach wunderschöne, milde Abende – der Sommer bietet stets genügend Möglichkeiten, so richtig schön „schnerre/ uff die Schnerr“ zu gehen, oder nicht? Und wer Nicht-Saarländer dabei hat und ihnen erklären muss, was geplant ist und warum das bei uns „Schnerre“ heißt, für den haben wir die Erklärung parat. Die Schnarre, ein altes, hölzernes Klepperinstrument bringt uns auf die richtige Fährte: Sie gab ein schnarrendes, kläpperndes, vibrierendes Geräusch von sich. Außerdem wird beispielsweise die Misteldrossel wegen ihres schnarrenden, schnatternden Gesangs auch Schnarrdrossel oder Schnerre genannt. Es handelt sich beim Schnarren oder Schnerren also um ein klapperndes, schnatterndes, vibrierendes Geräusch.
Wenn man nun früher in der Freizeit aus dem Haus ging, dann vor allem um andere zu treffen und zu plaudern. Das Ausgehen führte also stets zu einem lebhaften Gerede, das heißt zu Schnarren/ „Schnerre“. Wer schnerren geht, der geht also außerhaus, um Leute zu treffen, zu plaudern, zu lachen und sich zu amüsieren. Von dem lautmalerischen Ursprung des Begriffs zeugt noch heute, dass als „aldi Schnerr“ nur Frauen bezeichnet werden – das Klischee besagt(e), dass diese besonders redselig seien.
Die ursprüngliche „Schnerr“, das Instrument, ist übrigens teilweise noch gebräuchlich: Eine Form davon ist die „Klepper“, mit der Kinder traditionell vom Abend des Gründonnerstags bis zum Nachmittag des Karsamstag durch die Straßen ziehen, um die schweigenden Kirchenglocken zu ersetzen. In dem Instrument spannen die Zähne eines sich drehenden Rades mehrere elastische Zungen. Durch Weiterdrehen werden sie wieder entlastet, schlagen zurück und erzeugen so ein ratterndes Geräusch.
„Wer versteht’s noch“ wird präsentiert vom Sonah Magazin (www.sonah-magazin.de) und dem Volkskundler Gunter Altenkirch (Museum für dörfliche Alltagskultur & Museums des Saarländischen Aberglaubens in Rubenheim; www.museum-alltagskultur.de).
Dieser Artikel wurde uns von » Sonah zur Verfügung gestellt.